Verstummt

Wir haben über den Tod gesungen, nun hat er einen von uns zu sich eingeholt. Untröstlich in tiefster Trauer verabschiede ich mich von meinem nahen und ausserordentlichen Freund Martin Ain Stricker, der unersetzbaren Stimme der «Lieder zum Schluss».

Nur 50-jährig, hat ihn der Henker am 21. Oktober abends aus dem Leben gerissen – unerwartet und auf einen Schlag. Mit Martin verband mich begleitete mich während 28 Jahren Leben und Tod, wir gingen durch Höhen und Tiefen, stritten und lachten, nahmen nie etwas allzu ernst. Wir waren uns nah wie Brüder. Obwohl Martin bereits auf Todgesagt einigen Stücken seine Stimme lieh, waren es die Lieder zum Schluss, die unser gemeinsames musikalisches Anliegen wurden – bis wir am Ende noch als Duo auftraten, gemeinsam an die Kraft des Werks glaubend. Wir wollten die Lieder demnächst weiterführen, doch dazu wird es nun nicht mehr kommen.

Die Lieder zum Schluss sind damit an ein vorläufiges Ende gelangt und ich weiss noch nicht, ob und wie ich sie je fortsetzen werde, fortsetzen kann.

Mein Freund, mein Bruder, Teil meiner Seele: Das, worüber wir in diesem gemeinsamen Werk gesprochen hatten und womit wir die Menschen zu erreichen versuchten, hat dich nun selbst ereilt – der Tod. Mit dir ist eine grosse Stimme verstummt, eine, die zu uns allen sprach, aber besonders auch zu mir – eine Stimme, die mich trug und forderte, ehrlich war, und mich immer wieder aus den Tiefen riss. Wir teilten einen abgründigen Humor. Ich werde dich vermissen, bis der Tod auch mich holt.